Von Adina, 3. Februar 2013

Immer und überall junges Gemüse

Marian Flints "Selbst angebaut: Supereinfach Gemüse anbauen und superlecker kochen"

Menschen, die heute im eigenen Garten werkeln und sich für selbst angebautes Gemüse interessieren gelten als „trendbewusst“. Das ist schön. Und beruhigend. Glaubt der Neugärtner den selbstsicheren Ratschlägen aus der wachsenden Bibliothek mit Anzucht-Betriebsleitungen für Grünzeug alle Art, ist nichts einfacher als das. Obst und Gemüse wachsen immer und überall, man muss es nur wollen und die passenden Gummistiefel dazu tragen. Ironie beiseite. Tatsächlich kann man von einer Bewegung sprechen, die immer mehr Leute zu einem traditionellen und einst weniger vorzeigbaren Hobby treibt: dem Eigenanbau von Essbarem. Längst sind Gartenratgeber keine langweiligen Bibeln mehr, die das Grubbern und Harken zur Wissenschaft machen. Diese neue Literatur, die die Urlust des Menschen, selbst etwas zu schaffen, ansprechen, haben sich dem Geschmack der Zielgruppe (selbstbewusst werden sie zu den neuen „Selbstversorgern“ ernannt) angepasst. Das Layout stimmt, Grundlagen sind schnell erklärt und los geht’s.

Autoren schildern Selbsterfahrung beim Gärtnern

BuchtitelMarian Flint, Claudette Halkes und Annemarieke Piers gehören zur Gruppe junger Autoren, die aus Lust und Laune mit dem Gärtnern begannen und Ihre Erfahrungen in einem schmalen Büchlein, das mehr Rezeptbuch als Gartenratgeber ist, niederschrieben.

Anleitung für den GemüseanbauIn kurzen Kapiteln widmen sie sich exemplarisch den Grundlagen des eigenen Gemüseanbaus. Ihr Geheimrezept: der Anbau in Obstkisten. „Denn was auch in einem kleinen Garten wächst, wächst auch in einer Obstkiste.“ In Schritt für Schritt-Anleitungen erklären die Autorinnen, wie Kartoffeln, Radieschen, Zucchini, Rote Bette und Kräuter in Kisten herangezogen und mit großem Erfolg geerntet werden können. Die einzelnen Schritte, vom Aussäen, über das Pikieren, die Wahl des Standortes, die Bewässerung und Düngung sind gut illustiert sowie schlüssig und eindeutig erklärt. Was gut getan hätte, wären ein oder zwei Fotos der „Obstkistenmethode“. Die sucht man im Buch vergeblich. Abgesehen von den stimmigen und gelungenen Rezeptfotos und grafischen Illustrationen finden sich im gesamten Buch nur Bilder von Szenen aus einem „echten Garten“. Dabei soll es hier doch um das Balkongärtnern gehen, das verwirrt etwas und ist bedauerlich. Was ebenfalls vermisst wird, sind bei der im großen und ganzen gelungenen Anleitung zum Anlegen des „Obstkistengartens“, Hinweise darauf, wie man den Untergrund vor Nässe schützt. Viele Terrassen- und Balkonbeläge vertragen den Dauerkontakt mit Feuchtigkeit nicht. Pflanzgefäße hinterlassen ohne entsprechende Unterlage unschöne Flecken, die ohne Weiteres nicht zu entfernen sind vom Mieter erklärt werden müssen.

Bild mit Zucchini

Illustration in einem Gartenbuch

Blumenbilder

Das Kapitel zum Schädlingsbefall und zu Krankheiten ist etwas knapp angerissen. Regelrecht falsch ist die Behauptung, dass „Blattläuse Kapuzinerkresse hassen“. Das Gegenteil ist der Fall. Kapuzinerkresse zieht Läuse an und wird deshalb oft zur Ablenkung angebaut, um die Läuse von anderen Pflanzen fernzuhalten.

„Guerilla Gardening“ in acht Schritten

Als charmanter Gag ist das „Guerilla Gardening“ in acht Schritten aufzufassen. Ich selbst halte wenig von solchen Versuchen, Brachen, die sich die Natur über kurz oder lang zurückerobert, mit weiterem Wildwuchs zu versehen, Gehwegplatten zwecks Grünverbreitung zu entfernen oder von Hunden frequentierte Baumscheiben mit Gemüse zu bepflanzen. Aktives Engagement für eine lebenswerte Stadt kann sinnvoller Früchte tragen.

Etwas knapp fällt auch das Kräuterkapitel aus. Kräuter sind durchaus keine einfachen Patienten und erheben an Boden, Standort und Pflege die unterschiedlichsten Amsprüche. Hier ist zusätzliche Literatur unabdingbar.

 Fazit

grünes und rotes KartoffelpüreeTrotz einiger Schwächen, wie der teilweise unpassenden Bebilderung und knappen Infos ist „Selbst angebaut: Supereinfach Gemüse anbauen und superlecker kochen“ ein Buch, dass Spaß macht. Es ist an einem Nachmittag auszulesen und eine schöne und witzige Geschenkidee, die Lust auf Gärtnern macht. Genießt man, wie im Fall des Rezensenten, die Lektüre im Januar, verstärkt es das Finger jucken und die Ungeduld  endlich loszulegen. Die Rezepte funktionieren, sind einfach aber raffiniert. Unkonventionell sind die frittierten Kartoffelschalen. Richtig pfiffig ist das dreifarbige Kartoffelpüree oder das Eis mit Nusspesto.

Die Autoren glänzen mit witzigen Ideen, wie den Namen in Zucchini zu Ritzen und diesen dort einwachsen zu lassen und wecken bei Anfängern wie Profis die Lust auf Neues.

Leider verspricht auch dieses Buch, wie viele andere moderne Gartenratgeber, die sich gezielt an eine junge Zielgruppe wenden, sehr selbstbewusst den Totalerfolg (siehe Klappentext) und macht Gemüseanbau zu etwas Kinderleichtem. Ich finde es schadet nicht, die Leser darauf zu verweisen, dass der Anbau von Obst- und Gemüse auch mit Rückschlägen zu tun hat. Erfolgreiches Gärtnern heißt Geduld haben und Erfahrung sammeln und ist von so vielen Faktoren abhängig, die sich durch Enthusiasmus allein, nicht bestimmen lassen. Es bisschen mehr Objektivität wird Junggärtner sicher nicht gleich verschrecken.

„Selbst angebaut: Supereinfach Gemüse anbauen und superlecker kochen.“ Flint, Marian; 120 Seiten, erscheint am 18. Februar 2013, Edel Verlag Hamburg, 14,95 Euro

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