Ich muss gestehen, als ich das Buch von Jutta Profijt das erste Mal in die Hand nahm, war ich mehr als skeptisch. Der zipfelmützige Vorgartenschreck, der mir auf dem Titel entgegen grinst, weckt wenig Sympathie. Aber ich wollte ja ein Rezensionsexemplar haben, da muss ich nun durch. „Green Blogging“: Zu schauen, was hinter der Headline steckt, ist nicht nur von Berufswegen ein Muss. Ich bin für Gartenliteratur in modernem Gewand immer zu haben. Auch wenn die Titel ergänzende Unterzeile „Selbstversorgung zwischen Lust und Frust“ schon wieder mein Unbehagen hervorruft. Denn von „Wie versorge ich mich aus dem Blumenkasten selbst“-Literatur, einfach, schnell und ohne Aufwand in schmaler Buchform, habe ich die Nase gestrichen voll.
Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis verhärtet meine Erwartung von Einwegliteratur, die unter den nutzlosen „Geschenkbücher“ in den Regalen landet. Über das Jahr verteilte Gartengeschichten in Tagebuchchronologie. Augen zu und durch.
Humorvolles Protokoll einer erfahrenen Selbstversorgerin
Ich revidiere mein Urteil. Auf den ersten Seiten zeigt sich: Jutta Profijt hat kein Buch für die Idyllen-geile Hypstergeneration geschrieben. Mit ganz persönlichen knappen Storys protokolliert die erfahrene Selbstversorgerin bodenständig ihr Gartenjahr. Und sie weiß, was sie tut. Profijt versteht sich im Gärtnern – eine Fähigkeit, die mit samt aller notwendigen Rückschläge bei der Autorin über Jahre gewachen ist – und, sie versteht sich aufs Schreiben. Witzig und prägnant erzählt sie ihre Geschichten und vermittelt dabei mindestens genausoviel Grundlagenwissen zur tierfreundlichen Bienenzucht, zur ökologischen Hühnerhaltung und zum ertragreichen Anbau von Obst, Gemüse und Zierpflanzen, wie ein umfangreicher Gartenratgeber.
Dieses Buch macht Spaß und man legt es nicht so schnell wieder aus der Hand. Der Notizblock ist ein treuer Lektürebegleiter, denn die zahlreichen Tipps, die Lust aufs Nachmachen wecken, wollen nicht vergessen werden. Oder wussten Sie, dass sich Kartoffeln schon im Februar im Eimer kultivieren lassen, oder das Saubohnen nicht nur einen leckeren Gemüseeintopf ergeben, sondern auch schon im Februar in den Boden dürfen? Ein hilfreiches Ventil, wenn die Lust, endlich draußen loszulegen, kaum noch zu bändigen ist.
Moderne Gartenlektüre ohne Livestyleüberhang
Die erfahrene Krimiautorin kommt mit wenigen Worten aus, um ihre konsequente Lebensweise, deren Ziel, die weitgehende Selbstversorgung aus dem eigenen Garten ist, zu vermitteln. Profijt möchte möglichst wenig zukaufen und auf Importware verzichten, zur Sorten- und Artenvielfalt beitragen, Lebensmittel verwerten, die frei sind von Pestiziden und Mineraldünger und für Anbau und Weiterverarbeitung möglichst wenig Strom verbrauchen. Ohne wenn und aber.
Genauso konsequent, liebevoll und authentisch ist die Gestaltung des Buches gelungen. Die Autorin kam ohne Fotostudio und Fooddesigner aus. Inhaltlich einem konservativen Sachbuch in nichts nachstehend, ist „Green Blogging“ ein modernes Gartenbuch. Anders als die aktuell den Markt überschwemmende Livestyle-Gardening-Literatur, die das Heil durch der Hände Arbeit verspricht und zuweilen verklärt, dass Gärtnern nicht wie von selbst funktioniert.
Erfrischend unperfekt
Dass Jutta Profijt keinen Wert auf die perfekte Ausstattung legt, sondern das verwertet, was andere ausrangieren, sorgt an der richtigen Stelle für Leichtigkeit. Der Mangel an Perfektion, den die Gärtnerin durch Know-How wett macht, ist erfrischend. Hier wird ein altes Küchenmesser zum Pikierstab, ein Blumentopf zum Ohrwurmnest, eine alte Wanne zum Knast für die wuchernde Minze.
Auf den nur 143 Seiten gelingt es der Autorin auch für Profis nützliches Gartenwissen zu vermitteln, alltagstaugliche Rezepte und Verwertungstipps zu geben und ihre persönlichen biologischen Wundermittelchen gegen Schädlinge zu verraten.
Dieses Tagebuch ist ein Nachschlagewerk, witzig, charmant, informativ. Verschenken Sie es an Gartenliebhaber und zwingen Sie sie, es auch zu lesen!
„Green Blogging“ von Jutta Profijt ist am 15. Februar 2014 im BLV-Verlag München erschienen und kostet 16,99 Euro.