Von Adina, 22. Februar 2013

Probiers mal mit Gemütlichkeit: Wo man hinschaut, Bio-Convenience

BioFach zeigt Neuheiten, Regionale Anbieter von frischen Bio-Produkten zieht es zu den regionalen Messestandorten

Die Branchenschauen in Deutschland, als dem Pionierland des internationalen Biomarktes, diversifizieren sich. Regionale und Hausmessen ziehen Aussteller regionaler und frischer Produkte stärker an, als die große Biofach. BioNord (6. Oktober, Hannover) und BioSüd (15. September, Augsburg) sind jeweils als eintägige Messen konzipiert und bieten somit eine wichtige bezahlbare und zeitlich effiziente Plattform für kleinere Anbieter, die die finanzielle Hürde der Biofach nicht überspringen können, auf vielen Messen vertreten sein wollen und sich auf die Märkte vor ihrer Haustür konzentrieren. Die BioWest (14. April 2013, Düsseldorf) und BioOst (28. April 2013, Berlin) finden 2013 das erste mal statt. Damit reagieren die Veranstalter auf die Bedürfnisse von Ausstellern, die nicht bundesweit vermarkten. Über 50 Prozent sind nicht über den jeweils in der Region ansässigen Großhandel gelistet.

Was brachte die BioFach 2013?

Für den internationalen Bio-Branchentreff hatten wir uns diesmal zwei Tage Zeit genommen. Zur Weltleitmesse für Biolebensmittel und Naturwaren, der Biofach und zur parallel stattfindenden Vivaness – der Schau für Naturkosmetik in Nürnberg hatte sich immerhin über 2400 Aussteller (in acht Hallen) angekündigt. Zudem warteten spannende Termine, wie der Presse-Lunch und das Bloggertreffen auf uns. Denn auch für Livona ist die Biofach mehr, als ein Markt- und Handelsplatz. Hier ist das „Netzwerken“ angenehm und unabdingbar. Es kann nicht nur um das Produkt allein gehen, Bio heißt Transparenz, Glaubwürdigkeit und man verzeihe mir den Begriff „Image“. Da ersetzen die Werbestrategen kein persönliches Gespräch.

Vortragssituation

Kongressbesucher

Spätzlepresse trifft Smoothie mit Junglejunge

Neben guten alten Bekannten, wie Keimling, Provamel und Herbaria haben wir wieder die jungen Innovativen unter die Lupe genommen und uns zu den kreativen Produkten treiben lassen. Wie immer haben wir nicht nur spannende Produkte und Ideen gesammelt, sondern auch hinter die Fassade geschaut: Wer steckt hinter der Schöpfung? Wie ist die Philosphie? Überzeugt uns die gesamte Kette der Wertschöpfung, Transparenz und Umweltfreundlichkeit, angefangen von den Rohstoffen, über die Produktionsweise, bis hin zu Arbeistbedingungen und der Frage nach dem tatsächlichen Mehrwert und Nutzen. Hier stießen wir auf charmante Konzepte wie das der Frizle AG. Wenn auch aus dem Convenience-Bereich, so überzeugte der kleine sympathische Trupp mit seiner Spätzleteig-Lösung nach Omas Hausrezept doch.

Spätzle in der Verpackung

Das sich gesunde Lebensmittel gut als Lifestyleprodukt mit starkem Marken-Brand verkaufen lassen, scheint der Leitgedanke der Bio-Kindermarke Mogli zu sein. Bunt, verspielt und mit klarem Wiedererkennungseffekt, zielt die Damia GmbH direkt auf die große Einflusskraft von Kindern auf das Kaufverhalten der Eltern ab. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Die Produkte werden nur in der Gesamtheit im Verkaufsdisplay angeboten. Immer in Kombination mit Lockstoffen, wie kostenlosen Malbüchern und Kindermagazinen. So wurde uns auch das zuständige Designbüro als Gesprächspartner sehr ans Herz gelegt. Suppen-, Eis-, und Soßenhersteller Roggenkamp blieb undurchsichtig, da er unseren Fragen zu Rohstoffen und Herstellungsweisen auswich oder sie nicht konkret beantwortete.

 Verpackungen Bio für KinderTüte-auf-und-Fertig: für die Bedürfnisse der modernen Familie?

Jedes Jahr zieht es die Besucher zu den Neuheitenständen. Kaum zu übersehen war die deutliche Zunahme im Bereich der Fertig- oder Convenience-Produkte. Vom Risotto-Mix, über des fertige Cordon-Bleu bis hin zu Dosen-Ravioli, in entsprechenden Haushaltsgrößen, scheint sich die Biobranche im Bereich der Tüte-auf-und-Fertig-Mentalität weiter zu stärken. Die Flut an Fertigsuppen und Tellergerichten verstärken auch Sonnentor und Roggenkamp mit neuen Produkten. Mit 15 Minuten-Eiweißbroten zum Fertigbacken hat sich Männls Naturkostbackstube für die Bedürfnisse von Ernährungsbewussten ohne Zeit für frische Zubereitung oder den Gang zum Bäcker fit gemacht. Ungebremst wächst auch der Markt von Süßem und Desserts und exotischen Produkten für die gehobene Küche. Allergiker und Veganer dürfen sich zudem auf neue Produkte ohne Gluten, Ei und Laktose freuen.

Pilzsuppe in der Packung

FertigprodukteFertigbrotpackungFertigbrot in der Packung

Wir wollen nicht nur wettern, sondern unsere Kritik als konstruktive Reflektion verstanden wissen. Ein persönliches Fazit, das ich beim Sichten der gesammelten Pressemappen, Fachmagazine und Werbebroschüren und nicht zuletzt durch persönliche Gespräche gezogen habe, soll noch erlaubt sein: Denn ich frage mich, wie lange wir noch die Möglichkeit haben werden, mit den Produzenten persönliche Gespräche zu führen? Immer mehr Kommunikationsspezialisten werden eingeladen den Biomarkt zu kolonialisieren und preschen immer noch mit dem Slogan „Unser Produkt sieht gar nicht mehr altbacken und eben nach Bio aus. Ist das nicht der Burner?“ ins Feld. Sie kreieren „Green Brands“, und wortschöpfen den „Megatrend Neo-Ökologie“, Analysten jonglieren mit Marktzahlen, frohlocken, wie viel Verkaufsfläche Biomärkte dazu gewonnen haben, wie hoch die Milliarden-Umsätze sind und wie die Absatzzahlen schwanken. Das muss einem nicht sympathisch sein. Selbstverständlich freuen auch wir uns über ein „stabiles Bio-Wachstum im europäischen Ranking“, aber irgendwas scheint dabei verloren zu gehen. Aber vielleicht geht das nur mir so …

2 Antworten auf Probiers mal mit Gemütlichkeit: Wo man hinschaut, Bio-Convenience

  1. chaoskoeppsche sagt:

    Nein, es geht nicht nur dir so – die Überflutung mit Convenience-Produkten im Biobereich bereitet mir Angst & Kummer.

    Wenn der Bereich weiter so rasant wächst, macht sich die Biobranche lächerlich, löst sich im allerschlimmsten Falle bald um des „Der Masse gefallens“-Willen in ein Nichts auf.

    Den Händler, der dann eine breite Fülle an Convenience-Bio-Produkten anbietet, werde ich nicht mehr ernst nehmen können.

    Schnellfutter in ordentlicher Qualität wirklich mal gaaaanz hier und da, ok. Die Masse jedoch, die mittlerweile quasi tagtäglich auf den Markt geschmissen wird, ist frustrierend bis besorgniserregend.

    Was unterscheidet Bioware mittel- bis langfristig gesehen dann noch von konventioneller?
    Dadurch ködert man die Massen. Die Massen mit wirklicher Bioware zu versorgen würde gar nicht funktionieren meines Wissens bzw meiner Logik nach. Ergo würden dann vermutlich z.B. die EU-Bio-Richtlinien immer weiter runtergeschraubt werden und das wars dann mit dem breiten Ansehen – dann würde Bioware der konventionellen immer ähnlicher werden. Gruselige Vorstellung!

    Ganz und garnet geht z.B. die Wagner-Bio-Pizza, mittlerweile ja zu einem der größten Dre….konzerne Nestle gehörig – die kommt mir wirklich rein aus Prinzip nicht auf den Teller.

    Damit (und mit der Wickelunterlage vom Skandi-Möbelriesen im Kunden-Klöle) hat mein Biohändler ums Eck für mich auch dezent an Authentizität eingebüßt – wettert er doch einerseits gegen dennree und dessen Konzerngebahren, verkauft aber andererseits Nestle-Ramsch!

    • Adina sagt:

      Ja, inzwischen sehe ich in meinen Bioläden mehr und mehr Produkte, die ich auf keinen Fall kaufen würde. Von der immer größer werdenden Flut von Bio-Cola-Getränken will ich da gar nicht erst anfangen. Jedenfalls hab ich gestern wieder angesichts der quietschbunten Softgetränke (in Bioqualität) den Kopf schütteln müssen. Brauch die Biobranche diese billigen Argumente, um Verbraucher zu ködern, wirklich?? Oder geht es auch hier nur um Profit und perfekte Werbestrategien.

      Das man es schaffen könnte, alle Menschen mit „guten“ Produkten, sprechen wir von Bioprodukten, zu ernähren, glaube ich schon. Aber natürlich geht das nicht, wenn wir unsere Gewohnheiten nicht ändern. Rund um die Uhr alles frisch und immer verfügbar, übervolle Kühlschränke und ja kein Verzicht auf Irgendwas, geht eben nicht auf Dauer, oder eben nur mit hohen Kosten für Mensch und Umwelt.
      Und mal ehrlich, würden wir Bio-Fertigpizzen, Bio-Ü-Eier, Aufback-Eiweiß-Bio-Brot und anderen Klimmbimm wirklich vermissen, wenn es nicht im Angebot wäre? Aber, ach ja, richtig, wir als „Verbraucher“ wollen es ja so. Da kann der Handel gar nichts dafür. Und Bio muss ja konkurrenzfähig bleiben. Versteh schon.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert